gds20

Vor ca 300 Jahren soll der Universalgelehrte Gottfried Wilhelm Leibnitz, dessen Arbeiten bis heute noch nicht komplett erfasst, geschweige denn verstanden wurden, dem Sinne nach den Satz geäußert haben:

"Der Mensch ist reicher als sein Werk!"

Was, so könnte man jetzt orakeln, wollte er damit sagen?
Ein tiefgreifender Aspekt des Menschseins ist die Fähigkeit, Dinge  und Werke, welcher Art auch immer,  zu schaffen. Seit Jahrhunderten hat der Mensch durch seine Errungenschaften in Kunst, Wissenschaft, Technologie und vielen anderen Bereichen beeindruckende Werke hervorgebracht. Dennoch ist es wichtig zu erkennen, dass der Mensch selbst viel mehr ist als das, was er erschafft.

Werke, sei es ein Gemälde, ein Buch, ein Bauwerk oder eine Erfindung, können als Spiegelbilder unserer Fähigkeiten und unserer Kreativität betrachtet werden. Sie sind Ausdruck unseres Geistes und unserer Persönlichkeit. Doch sie definieren nicht allein den Wert und die Identität eines Menschen.
Der Mensch ist ein komplexes Wesen mit vielfältigen Emotionen, Beziehungen, Träumen und Erfahrungen. Er ist ein soziales Lebewesen, das nach Liebe, Zugehörigkeit und Sinnhaftigkeit strebt. Werke können zwar einen Teil dieser Facetten widerspiegeln, aber sie fassen niemals die gesamte Bandbreite menschlicher Existenz zusammen. Daraus folgt, dass der Wert eines Menschen nicht von seinen Werken abhängt.
Die Bedeutung und Würde eines Menschen resultieren aus seinem inneren Wesen, seiner Ethik und seinem moralischen Kompass. Ein Mensch ist ohne bedeutende Werke immer noch wertvoll und kann einen positiven Einfluss auf die Welt haben.
Genauso können große Werke von Menschen geschaffen werden, die in ihrem Charakter  Defizite aufweisen oder wie im Falle rücksichtsloser Technokraten die Schöpfung ruinierende Katastrophen hinterlassen.

Darüber hinaus können Werke vergänglich sein. Sie können verloren gehen, zerstört werden oder im Laufe der Zeit in Vergessenheit geraten. Doch der Einfluss eines Menschen auf das Leben anderer Menschen kann dauerhaft sein. Es sind unsere Taten, unsere Mitmenschlichkeit und unsere Fähigkeit, andere zu inspirieren und zu beeinflussen, die den wahren Wert und die Bedeutung eines Menschen ausmachen.

Daher ist eine Definition des Wertes eines Menschen über die Früchte seiner Arbeit eher menschenverachtend. Im Gegenteil kenzeichnet sie den Beurteilenden als sozial inkompetent und als Futter für das Umfeld von Diktatoren.
Aus diesem Holz wurden, seit die politischen Systeme bestehen, Kreaturen geschaffen, die die Menschheit mit Massenmord, Kriegen und Vernichtung Andersdenkender überzogen haben.
Noch einmal:

Der Wert eines Menschen beweist sich im Grad seiner durch Handeln bewiesenen Wertschätzung für die (Menschen-) Welt die ihn umgibt.

Walter-S 10/23 (Grafik Privat)