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Bild: dapd
Es ist erstaunlich, dass ich am Ende eines jeden Tages immer noch da bin. Wenn ich nachts ins Bett gehe, lächle ich und denke: „Ich habe einen weiteren Tag gelebt.“ Und dann ist es ebenso erstaunlich, acht Stunden später zu erwachen und zu sehen, dass der Morgen des nächsten Tages angebrochen ist und ich immer noch hier bin. „Ich habe eine weitere Nacht überlebt“ – dieser Gedanke lässt mich erneut lächeln. Ich gehe lächelnd zu Bett und wache lächelnd auf. Ich bin sehr froh, dass ich noch lebe.
(Philip Roth)
Newark 1944. In der Stadt bricht eine schreckliche Polioepidemie aus. Die meisten Betroffenen sind Kinder, denen Lähmung oder gar der Tod droht. Bucky, ein junger Sportlehrer, bewahrt die Ruhe, während in den Familien Panik herrscht.
Als er seine Freundin Marcia in ein Kinderferienlager begleitet, scheint der Fluch der Seuche in der idyllischen Landschaft gebannt. Doch wenige Tage nach Buckys Ankunft erkranken auch hier zwei Jungen an Polio und ihn beschleicht ein schrecklicher Verdacht. ......
Auf gut zweihundert Seiten (gedruckte Ausgabe) entwickelt Philip Roth das Bild eines "Helden", der sich dem Massaker im Krieg verweigert, sich aber zuhaus plötzlich einer anderen, martialischen Front gegenüber sieht.
Roth stürzt den Hörer/Leser aus aufkeimender Hoffnung, über Höhen und Tiefen mit ungeahnter Wucht in eine nahezu klassische Tragödie.
Sentimentale Gefühlsdusselei gibt es hier nicht. Der Autor seziert penibel psychische Zustände der Beteiligten. Das Gefühl, es handle sich nur um eine Fiktion kommt über den ganzen spannenden Verlauf der Ereignisse nicht auf.
Ein unabhängig vom Erscheinungsdatum ohne Einschränkung lesens-
Nachdem ich auch durch die persönlichen Erfahrungen eines alten Freundes selbst mit dem Thema "Polio" konfrontiert wurde, war es nicht besonders schwierig, sich in die Gefühlswelt eines Menschen zu versetzen, der, nachdem er glaubte, seine Krankheit hinter sich gebracht zu haben, Jahrzehnte später wieder aufgrund der Spätfolgen aus einem aktiven Leben in den Rollstuhl gezwungen wurde.
Sein bewundernswert starker Charakter half nicht nur ihm, sich immer neuen Herausforderungen zu stellen. Er war bzw. ist ein Beispiel dafür, wie man trotz widriger Umstände Dankbarkeit für das Geschenk des Lebens zeigen kann.
Diese Erfahrung half, auch das von Philip Roth beschriebene Schicksal besser zu verstehen.
(Walter Schlächter)