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Freiheit contra Angst

Standpunkte


(Foto Uwe Kindermann / Mundologia)

Wenn mir der Winter mit seiner Kälte und Nässe auch schon seit meiner Jugend zutiefst zuwider ist – Eines kann ich nicht leugnen: Eine durchgehend weiße Landschaft hat etwas Beruhigendes (Wenn man nicht gerade friert).
Ein anderer Effekt trägt allerdings ganz wesentlich zu Ruhe und Ausgeglichenheit bei.
Der alltägliche Lärm, der sonst unsere Ohren verstopft und das Denken von einem Ereignis zum nächsten treibt, ist durch den dicken weißen Belag aus Schnee deutlich gedämpft.
Plötzlich ist das sonst allgegenwärtige Grölen marodierender Massen, der Straßenlärm und so vieles Andere, das sonst aufdringlich unsere Aufmerksamkeit fordert, nicht mehr im Vordergrund – es sei denn, man setzt sich dem bewusst in Form irgendwelcher medialen Katastrophenmeldungen aus.
Plötzlich hat man die Chance, sich den eigenen Standpunkt zu vergegenwärtigen – einfach mal  zu überprüfen in welchem Umfang, sich wie Gangrän ausbreitender Populismus mit all seinen Vorurteilen und oft schlimmen Folgen, schon die eigene Sicht verkleistert hat.
Allerdings stellen sich diese Momente nicht von selbst ein. Es liegt an uns, sie zu schaffen, sie zu nutzen und wenn nötig unseren Bestand an Vorurteilen und Denkmustern mal auszufegen.
Was für Gedanken gehen uns durch den Kopf wenn wir Begriffe wie „Vaterland", „Patriotismus", „Nation" oder ähnlich hören? Erzeugen diese Begriffe in uns eine Spur von Stolz, Freude oder sogar Überheblichkeit? Wie reagieren wir bei Sieg oder Niederlage einer „Nationalmannschaft"? Was für Gefühle entwickeln wir wenn uns jemand, der nicht der von uns empfundenen „Standardoptik" entspricht, unsere Gesellschaft als seine Heimat bezeichnet?
Ich zitiere mal wieder Rilke, der in seinem Gedicht „das Larenopfer" schrieb:


Der erscheint mir als der Größte,
der zu keiner Fahne schwört
und, weil er vom Teil sich löste,
nun der ganzen Welt gehört.


Eine Welt ohne von Menschen geschaffene Grenzen.
Eine Welt, in der jedem überall das Recht auf menschenwürdiges Leben, das er ohnehin hat,  auszuleben, möglich ist.
Eine Welt, die das Wort „Immigrant" oder „Flüchtling" nicht kennt, das ist die Vision, die Rilke mit diesen wenigen aber deutlichen Worten beschreibt.
Eine Welt, in der Waffen überflüssig sind weil niemandem das Lebensnotwendige und das Recht auf ein erfülltes, glückliches Leben verweigert wird.
Die Sinnlosigkeit von Aufruhr, Krieg, Gewalt beschreibt er vorher mit den Worten:

Es dringt kein Laut bis her zu mir
von der Nationen wildem Streite,
ich stehe ja auf keiner Seite;
denn Recht ist weder dort noch hier.

Der von mir schon früher zitierte christliche Apostel Johannes, ein Begleiter Jesu von Nazareth beschreibt in den letzten Kapiteln seiner „Offenbarung" genau die beglückenden Zustände, die sich in einer Welt ohne Grenzen einstellen: Keine Tränen, kein Tod, keine Kriege, Überfluss an allem das für ein erfülltes, freies, sinnvolles Leben nötig ist. Ein Leben in dem Achtsamkeit, Wertschätzung für den Anderen und Liebe zum Nächsten selbstverständlich sind. Das alles unter der Obhut eines fürsorglichen Schöpfers.
Allerdings setzt das voraus, dass wir eine wesentliche Ursache für fast alle Konflikte konsequent ablegen: Angst!
Angst führt zu Egoismus, zu Gewalt in jeder möglichen Form, zu Diskriminierung.
Jeder Krieg hat seine Wurzel in der Paranoia eines einzelnen. Daraus folgt, dass eine Industrie, die von der Angst lebt indem sie Waffen produziert, sich genauso verhält wie ein Psychiater der um seine Klinik voll zu kriegen, Menschen mit Horrorvisionen befeuert.
Die Bewaffnung von Heeren und Ordnungskräften ist ja eine Folge der Tatsache, dass es eine scheinbare Bedrohung durch Waffen auf der anderen Seite gibt
Erst wenn wir die Angst, die ja nichts weiter ist als ein Mangel an Information, ablegen, können wir wirklich von Freiheit sprechen.

Solange EIN Mensch in Angst leben muss, gibt es keinen Frieden!
Solange EIN Mensch in Unfreiheit lebt, gibt es keine Freiheit!

Und – wenn wir in irgendeiner Form einem Menschen das Existenzrecht absprechen, stellen wir unser eigenes Recht auf Existenz infrage weil wir zur selben Gattung „Mensch" gehören.

Es lohnt sich also, immer einmal wieder den eigenen Standpunkt, die eigene Denkweise zu überprüfen. Ein Durchforsten und „Ausmüllen" unserer Denkmuster kann sehr befreiend sein und Türen zu neuen Möglichkeiten öffnen. Allerdings macht das niemand für uns. Die Verantwortung hat jeder für sich und wer dazu eine sinnvolle Unterstützung benötigt, dem empfehle ich, mal wieder die (hoffentlich) vorhandene Bibel in die Hand zu nehmen, den möglicherweise vorhandenen Staub abzubürsten und sich in die Bergpredigt des Christus  (Matth. Kap. 5-7) zu vertiefen.
Das wirkt besser als jeder noch so blankgeputzte Spiegel.

Und irgendwann ist auch wieder Frühling mit seiner erst zarten, dann prallen Pracht und die Kälte des Winters ist (erstmal) vergessen.
(Walter-S)


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